Die Letzte Orchideenfläche auf Föhr
Mit unserer Fläche Nr. 60 konnten wir eine ganz besondere Fläche erwerben: Eine Orchideenwiese. Es ist wohl der letzte Standort des breitblättrigen Knabenkrautes auf unserer Insel. Und wir werden alles tun (und viele Sachen auch lassen) um diese Art vor dem endgültigen Verschwinden zu bewahren. Auf unserer Insel außerdem sehr selten gewordene Pflanzen wie Sumpfblutauge, Reste von Wollgras und Sumpfveilchen finden sich hier ebenso wie die Sumpfkratzdistel, die Kuckuckslichtnelke und eine stattliche Anzahl Wasserminze.
In Kooperation mit Angela Ottmann vom B U N D fand Ende Mai eine Besichtigung der Fläche durch eine Wildpflanzenexpertin statt. Wir erhoffen uns, dadurch fachkundige Tipps zur Bestandspflege dieses Kleinodes zu erhalten. Die Alteigentümer haben sicher nicht alles richtig gemacht (im Sinne von Orchideenwiesenerhalt), aber sie haben alles besser gemacht als an allen anderen Örtlichkeiten auf Föhr, an denen diese Art(en) früher vorkamen. Vor allem sind sie, soweit mir bekannt ist, außer in der Fahrspur, nicht mit schweren Gerätschaften in die Fläche gefahren. Nur so konnten sich diese Pflanzen erhalten.
Apropos Artenschwund: Im Jahr 1952/53 machte der spätere Prof. Norbert Knauer seine Studienarbeit auf Föhr mit dem Thema ‚Bestandsaufnahme Grabenvegetation‘. Einer seiner Freunde, der Studienrat, Naturliebhaber und Hobbyornithologe Reinhard Bordel (zeitweise übrigens mein Lehrer) begleitete ihn manchmal bei seinen langen Wegen entlang der Föhrer Gräben.
Bordel berichtete mir später schmunzelnd:“ Er guckte immer nach unten, ich nach oben,“ als er von mir erfuhr, dass eine vegetationskundliche Vergleichsarbeit durch Tina Jansen, Uni Hamburg, als Studienarbeit in der Entstehung sei. Das war ca. 1993 oder 94, also etwa 40 Jahre nach der Arbeit von Knauer. Den Vergleich bildete natürlich die Bestandsaufnahme von Prof. Knauer, auf dessen Werk ich in einem Literaturverzeichnis von Georg Quedens aufmerksam wurde und es im Archiv des Friesenmuseums fand.
Die Arbeit von Tina Jansen ergab, dass 38 Grabenpflanzenarten die noch von Prof. Knauer auf Föhr gefunden worden waren, innerhalb von 40 Jahren verschwunden sind. Zu jeder Grabenpflanzenart rechnet man durchschnittlich 10 bis 40 Insektenarten, die sich auf diese Pflanzenart spezialisiert haben. Auch wenn natürlich nicht alle Insektenarten Föhr besiedelten, dürfen wir doch von einer erheblichen Anzahl ausgehen. Und es ist davon auszugehen, dass durch den Verlust der Pflanzenarten auch viele Insektenarten auf Föhr verschwunden sind.
Die Tina Jansen von damals heißt heute Dr. Tina Heger und arbeitet an der Uni München. Vor ca.3 Jahren schickte Sie zwei Studentinnen nach Föhr, von denen eine sich wieder den Föhrer Grabenpflanzen widmete. Sie untersuchte die gleichen Gräben, an denen Tina Jansen noch „anspruchsvollere “ Arten gefunden hat. Das Ergebnis: Mindestens die Hälfte der anspruchsvolleren Arten sind schon wieder verschwunden.
Der Sinnspruch, den Tina Jansen Ihrer Arbeit gewidmet hat, lautet:
“Naturschutz ist allein eine Frage des politischen Willens“.
Meiner würde lauten: Dort, wo dieser Wille fehlt, lasst uns selber handeln.
Dieter Risse,